Mittwoch(t): Aus 60 werden 52 … werden 65

Der ursprüngliche Plan sah vor, das hier ein Text anlässlich des 60-jährigen Bestehens der Basketball Bundesliga käme. Tja, manchmal spielt der Konjunktiv eben doch mit. Und schmeißt alles über den Haufen. Oder eben alles rein. Wie in einem Videospiel. Aber dazu später…

Die BBL wird also 60. Welcome to Jubiläum. Und herzlichen Glückwunsch. Sie feiert das Ganze im großen Stil. Mit einer angemessenen Bildsprache auf allen digitalen Kanälen. Und einer Homepage, die einer wundervollen Zeitreise durch die vergangenen sechs Jahrzehnte gleichkommt. Großartig. Endlich eine Art Heimat für Basketball-Geschichte. Und gleichzeitig eine Erinnerung daran, dass es eben jene kaum gibt. Eine Erinnerung. Ein kollektives Gedächtnis. An das, was früher einmal war. An die, denen gehuldigt werden sollte. Die Basketballdeutschland geprägt haben.

Wie wäre es mit einer Liste. Die 60 Besten. Bedeutendsten. Ähnliche, wie es die NBA anlässlich ihres 50. sowie 75. Jubiläums getan hat. Nicht bloß zum Selbstzweck. Vielmehr, um Karrieren zu ehren. Und Diskussionen anzustoßen, die sonst nie geführt würden. Wer hat Mike Jackel den Beinamen „Mr. Bundesliga“ verliehen? Wie gut war Didi Keller wirklich? Hat jemand die Ellbogenschoner von Chris Ensminger gesehen? Und gab es auf der Zwei jemals einen besseren Verteidiger als Mike Koch?

Lasst uns diese Liste schreiben. Gern auch aus dem Kopf heraus.

Zumindest war das der Plan für diese Kolumne. Dann kam der vergangene Freitag, und mit ihm das Spiel zwischen Oldenburg und Trier. Bis dahin sieblose Niedersachsen gegen brandheiße Aufsteiger. Die Vorzeichen schienen klar. Doch dann betrat Chris Clemons die Bühne, spielte groß auf und schreib damit die Annalen der Liga um.

Am Ende geht der Amerikaner mit 52 Punkten vom Feld. Es ist der schiere Wahnsinn. Neun seiner elf Dreier finden ihr Ziel. An der Linie bleibt er komplett ohne Fehlwurf (7/7). Das alles kulminiert in einem Effektivitätswert von 48.

Es ist in fast sechs Jahrzehnten erst das elfte Mal, dass ein Spieler 50 oder mehr Zähler auflegt. Clemons ist der Erste, dem dieses Kunststück nach der Jahrtausendwende gelingt. Unglaublich, aber wahr. Gleichzeitig ist sein offensiver Ausbruch, so beeindruckend er auch ist, ein Fingerzeig dahingehend, dass die Spitzenposition dieser elitären Liste vermutlich niemals abgelöst wird. 

Hier thront – seit dem 22. März 1989 – niemand anderes als ein gewisser Keith Gray. Der an besagtem Datum für Hagen historische 65 Punkte auflegte. Obwohl er gedanklich schon im Flieger gen Heimat saß, wie er einst dem Kollegen Bartje Krüger erzählte. Damit seine Heldentat im einem Buch verewigt würde. Und nun ebenfalls im digitalen Archiv der Liga zu finden ist.

Die Clemons-Show hat etwas losgetreten. Diverse Medienhäuser wollen dem nachgehen, wie seine Leistung historisch betrachtet eingeordnet werden kann. Und wie das damals, im Frühjahr 1989 überhaupt war, als Gray die SG Braunschweig mit 142:84 abschoss. Wer hat Fotos? Gibt es vielleicht sogar Videomaterial? Welcher Zeitzeuge war in der Halle und könnte seine Erinnerungen fürs Fernsehen nochmal nach vorn kramen?

Es werden Telefonate geführt und Nachrichten geschrieben. Michael Körner war jedenfalls nicht in der Halle. Coach Peter Krüsmann auch nicht. Axel Gaiser nahm erst ein paar Jahre so richtig seinen Dienst bei der Westfalenpost auf. Kommt noch Harald Stein infrage, der damals mittendrin im Geschehen war. Der für Braunschweig immerhin 35 Zähler markierte. Bei dem allerdings nur die Mailbox rangeht.

So bleiben die legendären 65 Punkte von Keith Gray zunächst einmal das. Eine Legende. Von deren Existenz dank Chris Clemons nun zumindest mehr Menschen erfahren haben. Aber die auch mit Leben gefüllt werden will. Besser noch: Der neues Leben eingehaucht werden muss. Damit sie mehr ist als ein nackter Eintrag auf einer Website.

Und damit Gray vielleicht sogar als eine der prägendsten Figuren der Bundesliga-Geschichte qualifiziert.

Mittwoch(t)

Es gibt so viele Geschichten rund um Phoenix Hagen. Geschichten, die erzählt werden wollen. Die einen etwas anderen Einblick in den Club und die internen (Denk-)Prozesse geben. Aus dem Arbeitstitel „Mittwochs-Meinung“ entwickelte sich der „Statement Wednesday“ oder auch das „Wort zum Mittwoch“, und letztlich der Begriff „Mittwoch(t)“. Es ist der etwas andere Angang an Themen, welche das Phoenix-Office umtreiben.